Das Reh gehört zu den heimlicheren Großstädtern. Es hat es nämlich nicht so mit den Menschen – beim ersten Blick nimmt es Reißaus. Sehen aber kann man es in Berlins Natur durchaus. In den Außenbezirken zum Beispiel, wo es an Waldrändern oder auf Feldern gerne mal auf Futtersuche ist. Jetzt wurde das Reh von der Deutschen Wildtier-Stiftung zum Tier des Jahres 2019 gekürt.
Bekanntes und Überraschendes über das Reh
Das Reh gehört zu den Tieren, das jeder kennt. Und trotzdem weiß man gar nicht so viel, wie Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier-Stiftung, sagt. Sehr verbreitet ist zum Beispiel die Ansicht, dass das Reh „die Frau des Rothirsches“ ist.
Das Reh und der Hirsch
Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, der mit dem Disney-Film „Bambi“ zu tun hat. Disney hatte die Rechte an der Geschichte dem österreichischen Schriftsteller Felix Salten abgekauft, der über ein Rehkitz namens Bambi geschrieben hatte. Das Buch erschien auch in Amerika – und weil es dort keine Rehe gibt, machte man einen Weißwedelhirsch aus dem kleinen Rehbock.
Als der aus dem Buch entstandene Film in den fünfziger Jahren in die deutschen Kinos kam, wurde Bambi in der Synchronfassung wieder zum Rehkitz, sein Vater aber blieb ein Weißwedelhirsch. Seither glauben viele Deutsche, dass das Reh der weibliche Hirsch ist. Um es endgültig zu klären: Das männliche Reh heißt Rehbock, das weibliche wird Ricke genannt.
„Bambi“ sorgte für die erste große Tierschutzkampagne
Mit seinen großen Augen ist das Reh ein echter Sympathieträger – den „Bambi“-Film hätte es vermutlich gar nicht gebraucht. Es strahlt so viel Unschuld aus, dass Jäger mit Ärger rechnen müssen, wenn sie zur Flinte greifen. Als im Film ein Jäger Bambis Mutter erschoss, gab es nach Informationen des Nabu nicht nur heftige Proteste, sondern die erste große Tierschutzkampagne wurde angeschoben.
Großstadt-Rehe sind dämmerungs-aktiv
In der Stadt passen sich Rehe an den Rhythmus des Menschen ant. Sobald er sich in die Häuser zurückzieht, wagen sie sich vor. Meistens sieht man sie deshalb in der Dämmerung, obwohl Rehe eigentlich tagaktiv sind. Am Tage aber wäre es den Tieren in menschlicher Nähe zu unsicher. Abends trauen sie sich dann auch schon mal in die Parks.
In Brandenburg heißt es für Autofahrer: Aufpassen!
Wer mit dem Auto in Brandenburg unterwegs ist, sollte unbedingt auf Wildwechselschilder achten, denn flüchtende Rehe springen manchmal unvermittelt auf die Straße. Das führt immer wieder zu Unfällen, die auch für den Menschen tödlich enden können.
Kitze bitte nicht anfassen
Die kleinste Hirschart Mitteleuropas wird ungefähr 1,20 Meter lang und 55 bis 85 Zentimeter hoch. Die Tiere haben ein rotbraunes Fell, das im Winter dunkler wird. Das Rehkitz erkennt man an den vielen weißen Punkten, die es im hohen Gras fast unsichtbar machen. Denn während erwachsene Tiere bei der kleinsten Störung aufspringen und im nächsten Gebüsch Deckung suchen, bleibt der Nachwuchs im Gras sitzen und hofft, nicht bemerkt zu werden. Wer ein Jungtier entdeckt, sollte es auf keinen Fall anfassen – meist ist die Mutter nicht weit. Menschengeruch an ihrem Kind würde sie so abschrecken, dass sie ihr Kitz nicht mehr annimmt.
Der Nachwuchs kommt im Mai zur Welt
Die Paarung der Rehe ist intensiv, aber weniger laut als die der Hirsche, sie findet im Sommer statt. Das befruchtete Ei aber fängt erst im Winter an zu wachsen – und so kommt der Nachwuchs genau dann zur Welt, wenn es genug Nahrung gibt: im Mai.
Vorliebe für zarte Baumtriebe
Zu den gefährdeten Tierarten zählt das Reh nicht. Im Gegenteil. Wenn in einem Wald sehr viele Rehe leben und es sonst wenig Pflanzen gibt, kann ihre Vorliebe für zarte Triebe von Bäumen sogar Schaden anrichten, wenn junge Bäume nicht vor Verbiss geschützt werden. Bei hohem Pflanzenangebot äsen Rehe Heidelbeeren, Efeu, aber auch Getreide und Raps, Pilze und Früchte.
Wer ein Reh sieht, sollte einfach stehenbleiben. Vielleicht hat er dann die Chance, es ein Weilchen zu beobachten. Falls es sind ungestört fühlt…
Das Reh als Hauptdarsteller in einem neuen Film von Jan Haft
„Die Wiese – ein Paradies nebenan“ heißt das neue Werk des Naturfilmers Jan Haft (von ihm stammt auch der wunderbare Film „Magie der Moore„), der im nächsten Frühjahr in die Kinos kommt. Er entstand im Auftrag der Deutschen Wildtier-Stiftung und soll auf die Bedeutung der Wiese als Lebensraum vieler Wildtiere (und auf ihre Gefährdung durch intensive Landwirtschaft) aufmerksam machen. Ein Hauptdarsteller steht auch schon fest: das Reh.
Trailer zum Film: