Wer immer noch meint, dass eine Großstadt wie Berlin eigentlich keine wirklich „wilde“ Natur hat, der kann manchmal ein Wunder erleben. In diesem Fall: ein gehörntes Wunder, das vor einigen Tagen meinem Kollegen Christian Seel buchstäblich vor die Füße gelaufen ist. Nicht mitten im Trubel, aber auch nicht im Wald fand diese Begegnung statt, die der Kollege gleich mit dem Fotoapparat festgehalten hat. Weil sie so besonders ist. Denn der Nashornkäfer, der ihm einen Besuch abgestattet hat, ist sehr, sehr selten.
Der Nashornkäfer hat ein gebogenes Horn als Waffe
Ein Seinen Namen verdankt der fast vier Zentimeter lange dunkelbraune Käfer dem Horn, das vorne am Kopf sitzt und beim Männchen nach hinten gebogen ist. Beim Männchen ist das Horn deutlich kürzer – der Käfer auf dem Bild ist also wohl ein Männchen. Das Horn dient ihm, wie sollte es anders sein, als Waffe im Kampf um die Frauen.
Sehen kann man Nashornkäfer sonst nicht auf der Straße, sondern am ehesten in abgestorbenen Bäumen, die schon sehr stark verfallen sind. Und da liegt auch das Problem: Solche Bäume gibt es nur noch ganz selten, weil viele Wälder aufgeräumt werden – nur dort, wo es genug Totholz gibt, hat der Nashornkäfer eine Chance. Er braucht das Sägemehl für seine Larven, die von Zellulosefasern leben.
Der Nashornkäfer ist streng geschützt
Der Käfer ist in ganz Europa und darüber hinaus zu sehen, sogar im Himalaya wurden schon Exemplare gefunden. In Deutschland ist die Art streng geschützt. Und das bedeutet nicht nur, dass man sie nicht fangen, verletzen oder gar töten darf, sondern auch ihre Brutstätten geschützt sind. Weil das mit dem Totholz so schwierig geworden ist, haben Experten angefangen, Ersatz zu schaffen: Sie verwendeten organisches Material wie faseriges Holzhäcksel, Pferdemist und Rindenmulch – und hatten Erfolg. Manchmal sieht man die großen weißen Larven des Nashornkäfers sogar in Komposthaufen, wenn dort genug Pflanzenfasern zu finden sind.
Der Käfer oben hat den Fototermin gelassen über sich ergehen lassen. Vielleicht weiß er ja, dass er etwas ganz Besonderes ist…
6 Antworten auf „Ein Nashornkäfer beim Fototermin“
Wir hattn einen riesigen Komposthaufen, der seit Jahrzehnten nur angefüllt, aber nie abgearbeitet wurde. Seit einigen Jahren arbeiten wir ihn aber ab, und in diesem Frühjahr haben wir den Rest (immer noch 2…3 m³) umgesetzt. Jedes Jahr fanden wir beim Graben und Sieben Dutzende Käfer und mindestens genauso viel Engerlinge. Beim diesjährigen Umsetzen waren es hunderte! Und das nur die, die wir bemerkt haben.
Auf der gewonnenen Freifläche wollen wir ab jetzt ordentlich / effektiv kompostieren und die gewonnene Komposterde zeitnah nutzen. Aber wegen der Nasheornkäfer haben wir uns entschlossen, auch ein großes Areal mit holzreichem Dauerkompost anzulegen, wo die Tierchen ungestört jahrelang leben dürfen. In unserem Garten in Nordneukölln haben wir zum Glück genügend Platz dafür (zwei Einrichtungen des Union-Hilfswerkes teilen sich insgesamt ca. 2500 m²).
Leider sind wir nie abends im Garten (Öffnungszeiten der Einrichtungen), und so sehen wir nie, wie die dicken Brummer in Mai und Juni in der Abenddämmerung fliegen und hochzeiten (und von den Vögeln gefressen werden).
Auch unser Fuchs, der seit Jahren in einer Ecke in der Brombeerhecke lebt, frißt sich gern mal an den Käfern satt. Wenn wir wieder mal am Komposthaufen gearbeitet haben, sehen wir nächstes Mal an der Grabkante des Haufens Löcher, die der Fuchs gegraben hat, um an die Tierchen zu kommen. Auch finden wir Losung von ihm, die dann zu mehr als der Hälfte aus den Chitinpanzer-Resten der Nashornkäfer besteht. Auch Krähen holen sich mal nen fetten Engerling. Doch bleiben stets genug Käfer übrig für die nächste Generation…
Hallo Pertti,
danke für die spannenden Informationen über die Käfer!!
Liebe Grüße von Silke
Hallo Silke,
weiß leider nicht, wie ich ein Bild hier unterbringe, aber mit dem Exemplar oben kann ich locker mithalten! Ich habe so einen Prachtkerl 2011 tatsächlich aus dem Komposthaufen ausgegraben. Weil er so ein Exot ist, kam er auf den Küchentisch zum Fototermin und danach wieder an seinen angestammten Platz. Ich habe ihn leider nie wieder gesehen.
Gruß
Heinz
Lieber Heinz,
ganz lieben Dank für die beiden Nachrichten!
Der Nashornkäfer ist wirklich sehr selten – einen zu sehen, ist etwas ganz Besonderes. In Berlin gibt es gelegentlich Führungen in Parks, in denen andere seltene Käfer leben, zum Beispiel der Heldbock. Ich habe eben mal auf der Seite „Umweltkalender Berlin“ geguckt – im Moment steht leider keine drin, aber es lohnt sich, immer mal zu gucken!
Herzliche Grüße von Silke
Mein Komposthaufen ist voll davon mit Larven , aber irgendwann muss ja mal der Kompost wieder verteilt werden als organischer Dünger und vier- fünf Jahre warten ist auch schlecht… Also Komposterde aussieben und Überbleibsel samt Larven wieder
zurück . Aber wann verbuddelt sich das Weibchen und legt Eier ?
Lieber Dietrich,
das mit dem Verbuddeln und der Eiablage passiert im Hochsommer.
Ich habe folgende Information gefunden: Um die Käfer zu schonen, sollte man sie möglichst nicht vor Anfang bis Mitte Mai umsetzen. Dann kann der reife Kompost durch ein großes Sieb vorsichtig abgesiebt werden. Die Engerlinge, die dabei „ausgesiebt“ wurden, sollte man sofort wieder in den frischen oder halbreifen Kompost setzen. Die erwachsenen Nashornkäfer sind auf der abgesiebten Erde gut aufgehoben, wo sie sich rasch wieder eingraben und pünktlich zur Flugzeit leicht ans Licht gelangen können.
Herzliche Grüße von Silke