Einer der ungewöhnlichsten Plätze Berlins ist der Bethlehemkirchplatz. Und wenn Sie den nicht kennen sollten, dann liegt das daran, dass er erst seit 1999 so heißt und außerdem sehr im Schatten des berühmten Checkpoint Charlie liegt, auf halber Strecke zum Museum für Kommunikation. Aber wenn Sie draufstehen, dann nehmen Sie ihn wahr. Garantiert. Denn der Platz lebt vom Gedenken, und das so originell, dass man ins Staunen kommt. Auf ihm stehen nämlich – doch der Reihe nach.
Der Bethlehemkirchplatz und seine böhmische Geschichte
Denn das, was auf dem Bethlehemkirchplatz steht, hat mit der Geschichte dieser Gegend zu tun. Der böhmischen Geschichte. Ab 1735 siedelten sich in diesem Teil Berlins und in Rixdorf evangelische Glaubensflüchtlinge aus Böhmen an, und für sie wurde auf dem Platz 1737 die Bethlehemkirche gebaut – als Geschenk Friedrich Wilhelms I. Rund war sie, 36 Meter hoch und mit einer Kuppel bedeckt. Heute ist die Kirche verschwunden, sie wurde 1943 bei einem Luftangriff fast völlig zerstört und 1963 abgerissen. Die Glocke steht heute im Böhmischen Dorf in Neukölln, zu dessen Attraktionen auch der Comenius-Garten gehört.
Lichtinstallation in Kirchenform
Die Kirche wäre heute längst vergessen, wenn nicht die Kunst mit ins Spiel gekommen wäre. Schon seit Jahren sind die Umrisse des Gotteshauses in den Boden des Bethlehemkirchplatzes eingelassen, aber die fielen nicht weiter auf. Deshalb baute sie der spanische Künstler Juan Garaizabal 2012 einfach neu – als temporäre Lichtinstallation aus Stahlrohren und Licht, die auf 21 Pfeilern thront. Wer im Dunkeln auf die Skulptur schaut, der kann durch sie hindurchsehen, was den Eindruck dessen, was verloren ging, verstärkt.
Erinnerung an die böhmischen Flüchtlinge
Die Installation ist nicht das Einzige, was auf dem Bethlehemkirchplatz an die böhmischen Flüchtlinge erinnert. Seit 1997 steht noch eine weitere Skulptur dort, und sie ist eine der originellsten, die ich kenne. Dabei drückt sie etwas sehr Ernstes aus: „Houseball“ von Claes Oldenburg und Coosje van Brugggen ist ein riesiges Bündel, zusammengehalten mit einer dicken Kordel , unter der auch noch ein paar Möbel und Haushaltsgegenstände klemmen. „Houseball“ steht für die wenigen Habseligkeiten, die die böhmischen Flüchtlinge mitnehmen konnten, als sie ihre Heimat verlassen mussten. Ein Symbol, das mehr sagt als so manche Gedenktafel.