Es fühlt sich ja so an, als ob der Herbst noch ewig entfernt sei (oder wir alle wollen, dass es sich so anfühlt…). Aber die Kraniche wissen es ganz offensichtlich besser. Bei einem Ausflug in den Naturpark Niederlausitzer Landrücken waren vor wenigen Tagen einige der wunderschönen Vögel gleich neben Störchen auf einem abgeernteten Feld zu sehen, und gegen Abend sammelten sich Scharen von Kranichen am Himmel.
Die Kraniche sind dabei, sich zu sammeln
Bis zum Abflug haben die Vögel noch etwas Zeit, aber sie haben ihre Jungen inzwischen großgezogen und sind dabei, sich zu sammeln. Die Jungtiere sind mit dabei und an ihrer helleren Farbe und dem rotbraunen Kopf gut zu erkennen, das hellgraue Gefieder und der schwarz-weiße Kopf mit dem roten Fleck ganz oben bilden sich erst im Alter von ungefähr zwei Jahren. Größenmäßig können Kraniche mit Störchen gut mithalten – sie werden ungefähr 1,30 Meter hoch und haben eine Flügelspannweite von eindrucksvollen 2,40 Metern.
Flugstrecken von bis zu 2000 Kilometern
Im Herbst kann man Kraniche in Brandenburg auf abgeernteten Feldern sehen, zum Beispiel in der Umgebung von Linum, am Gülper See in der Unteren Havelniederung oder südlich von Luckau in der Niederlausitz. Auf den Feldern fressen sie sich Kräfte für den Flug in den Süden an. Und die brauchen sie auch, denn sie haben eine Strecke von bis zu 2000 Kilometern vor sich. Manchmal am Stück. Normal aber sind Strecken von zehn bis 100 Kilometern. Zu den Zielen der Vögel gehören die Extremadura in Spanien oder der Nordwesten Afrikas.
Tagsüber sind die Vögel auf Feldern zu sehen
In den nächsten Wochen werden die Scharen der Kraniche immer größer. Tagsüber auf den Feldern, auf denen zum Teil extra Körner verteilt werden, damit die Vögel sich nicht an der frischen Saat der Landwirte bedienen. Und abends am Himmel. Dort veranstalten sie ein Schauspiel, das die Berliner in großer Zahl anlockt: der abendliche Einflug zu den Schlafplätzen in flachen Gewässern. Manchmal sind es mehr als 10.000 Vögel, die in exakten V-Formationen und mit lautem Trompeten am Himmel unterwegs sind. Ein unvergesslicher Anblick, den man zum Beispiel im Teichland Linum erleben kann, das zu den größten Kranich-Rastplätzen Europas gehört.
Führungen im Teichland Linum
Die Kranichsaison dort läuft vom 21. September bis zum 10. November, und es gibt Führungen und einige Veranstaltungen (Führungen freitags bis sonntags, Treffpunkt am späten Nachmittag an der Storchenschmiede in Linum, Nauener Str. 54. Anmeldung: Tel. 033922/50500,Teilnahme 6 Euro, bitte warme, dunkle Kleidung und feste Schuhe anziehen). Unterstützt werden die Kraniche von Gänsen, Enten und anderen Vögeln, die das abendliche Konzert mit ihren Stimmen ergänzen. Wer sie tagsüber auf Feldern sieht, sollte Abstand halten, denn die Vögel sind sehr scheu und fliegen bei Störungen schnell auf – und das kostet sie Kraft, die sie für den weiten Flug brauchen. Vom Auto aus kann man sie aber gut beobachten.
Auch nahe Luckau kann man die Kraniche sehen: Ihr Sammelplatz am Borcheltsbusch bei Freesdorf ist von einem Aussichtsturm aus gut zu beobachten (Führung am 31. August, 18.30 Uhr, Treff: Aussichtsturm an der Straße zwischen Goßmar und Freesdorf, Info: Tel. 035324/3050 – Naturpark Niederlausitzer Landrücken, Spende für Naturschutzprojekte erbeten).
Kraniche – Vögel des Glücks
Der Kranich, offiziell Grauer Kranich genannt, war lange Zeit sehr selten, weil sein Lebensraum (Feuchtgebiete und extensiv bewirtschaftete Felder) immer mehr beschnitten wurde. Doch inzwischen hat sich der Bestand erholt. Und das ist aus vielen Gründen eine gute Nachricht. Eine davon ist, dass die klugen und wachsamen Kraniche, deren Balztanz im Frühjahr ein unvergesslicher Anblick ist, schon seit Urzeiten als Vögel des Glücks gelten.