Wenn man in Berliner Gewässern Schildkröten sieht, dann sind es meistens ausgesetzte Tiere, die mal in Kinderzimmern oder Terrarien gewohnt haben. In Brandenburg ist das anders. Dort gibt es ein Projekt, in dem die Europäische Sumpfschildkröte wieder angesiedelt wird. Mit ersten Erfolgen.
Die Sumpfschildkröte ist vom Aussterben bedroht
Insgesamt ist die Lage für die Sumpfschildkröte in Deutschland dramatisch. Ich habe gelesen, dass es 2011 in ganz Deutschland weniger als 70 erwachsene Tiere gab. Und die hatten sich das seenreiche Brandenburg als Rückzugsort ausgesucht. Deshalb passt es auch, dass das von der Naturschutzstation Rhinluch initiierte Auswilderungsprojekt gerade hier stattfindet.
Die einzige einheimische Schildkrötenart
Die Europäische Sumpfschildkröte ist die einzige einheimische Schildkrötenart überhaupt. Ihr Rückenpanzer ist zwölf bis 20 Zentimeter lang und schwarz oder braun, oft hat er ein gelbes Muster. Der Bauchpanzer ist meist dunkel. Die Gliedmaßen sind dunkel und haben ebenfalls oft ein gelbes Muster.
Brandenburg als Rückzugsort
Lebensraum der Europäischen Sumpfschildkröte sind stille oder sehr langsam fließende Gewässer. Sie liebt Totholz als Sonnenplätze und Röhrichte zum Verstecken und braucht trockene Flächen in Gewässernähe für die Eiablage. Solche Bedingungen findet sie in Brandenburg zum Beispiel im Naturschutzgebiet Zarth und an anderen Orten im Norden des Landes.
Die Sumpfschildkröte kann 120 Jahre alt werden
Das Schutzprojekt sichert Gelegeplätze und kümmert sich darum, die Verlandung von Sumpfschildkröten-Gewässern zu verhindern. Wenn Gelege etwa auf Ackerflächen gefährdet sind, werden die Eier in die Aufzuchtstation im Rhinluch gebracht und dort ausgebrütet. Im zweiten oder dritten Lebensjahr werden immer etwa 20 Jungtiere in die Gebiete zurückgebracht – bis 2010 waren es immerhin schon 300 Tiere. Allerdings dauert es in kühlen Gebieten bis zu 18 Jahre, bis die Schildkröten geschlechtsreif werden und selbst für Nachwuchs sorgen können. Wenn sie alle Umstände überleben, können die Sumpfschildkröten übrigens bis zu 120 (!) Jahre alt werden!
Viele Feinde
Es ist ein mühsames Unterfangen, denn die Sumpfschildkröte hat sehr viele Feinde. Wildschweine und Füchse graben ihre Gelege aus und fressen die Eier, und wenn die Jungtiere geschlüpft sind, fallen sie oft Vögeln und Fischen zum Opfer. Noch vor 200 Jahren kam der Mensch als Feind dazu – die Sumpfschildkröte galt als Delikatesse.
Das ist heute vorbei, dafür kämpft die Tierart mit dem Verlust der Lebensräume und mit dem Straßenverkehr – viele Tiere werden beim Überqueren der Straße überfahren.
Die Sumpfschildkröte in der Blumberger Mühle
Auch deshalb sind Schutzprojekte wie das in Brandenburg so wichtig. Wo genau die Sumpfschildkröten leben, wird nicht verraten, aber wer gerne mal eine sehen möchte, sollte die Blumberger Mühle, das auch sonst sehr interessante Hauptinformationszentrum des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin, besuchen. Dort gibt es ein begehbares Schaugehege, in dem man den nur drei Zentimeter langen Nachwuchs, aber auch erwachsene Tiere sehen kann und einen guten Eindruck vom idealen Lebensraum der Sumpfschildkröte bekommt. Es gibt Nisthöhlen, Sonnenplätze und genug stilles Wasser. Einige der Zöglinge wurden inzwischen schon in die freie Natur entlassen, zu sehen gibt es aber immer einige der Tiere. Zwischen 30. März und 31. Oktober ist das Zentrum täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, zwischen 1. November und 30. März Sa und So von 10 bis 16 Uhr (Mo-Fr nach Anmeldung). Adresse: Nabu-Informationszentrum Blumberger Mühle, Blumberger Mühle 2, 16278 Angermünde, Tel. 033 312 60 40. www.blumberger-muehle.nabu.de
2 Antworten auf „Die Europäische Sumpfschildkröte kehrt zurück“
Hallo Silke,
Danke für diesen informativen Bericht. Sher veile kennen die einheimische Sumpfschildkröte gar nicht mehr, oder wissen etwas von ihrer Existenz.
Lese ich vor ein paar Tagen in einem der an sich gut gedachten und gemachten Faltblätter der „BVG“(„Mit der BVG ins Grüne“) „Einmal Eiskeller und zurück“ „…Im Kuhlaketeich – gleich zu Beginn der Wanderung – leben sogar Rotwngenschildkröten…“ Zuvor war von einem Biotop für seltene Tierarten und von „Urwaldgefühlen“ die Rede…. Ist ja auch nicht ganz falsch. Nein. Aber, dass die „Rotwangen“ NICHT in dieses Biotop gehören, das sollte einem Naturführer-Schreiber, und wenn es auch „nur“ ein Faltbaltt ist, eigentlich nicht passieren.
Vielen Dank für diesen tollen Blog….!
Hallo, Gisa,
dankeschön!
Ja, die Rotwangen-Schmuckschildkröte gehört zu den Einwanderern, und wenn man sie in deutschen Gewässern sieht, sind es ausgesetzte (Haus-)Tiere. Das Problem ist, dass sie als invasive Art die einheimische Sumpfschildkröte verdrängen kann.
Herzliche Grüße von Silke