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Wald Wildes Berlin

Waldkauz auf Brautschau

Die meisten von uns kennen das Geräusch. Aus dem Fernsehen. Ein unheimliches „Huuh- hu-uuu“ im nächtlichen, vom Vollmond beschienenen Wald – meistens kurz bevor der Mörder kommt. Der Urheber des Geräusches ist zwar unschuldig, aber er wurde schon in alten Zeiten mit Dunkelheit (zu Recht) und dem Tod (zu Unrecht) in Verbindung gebracht. Denn der Waldkauz ruft nur so, wenn er auf Brautschau ist. Das mit seiner Rolle in Gruselfilmen kann man also gleich mal vergessen. 

Nächtlicher Ruf des Waldkauzes im Park

Auch in Berlins Natur gibt es den schönen hellbraunen oder grauen Vogel mit den riesigen, tiefgründigen Augen. Sehen lässt er sich selten, aber manchmal kann man ihn hören. Im letzten Frühsommer, beim Langen Tag der Stadtnatur, war ich tiefnachts mit einer Gruppe ähnlich Verrückter im Schlosspark Charlottenburg unterwegs, um den Waldkauz zu sehen und zu hören. Der Trick, ihn mit seinem eigenen, auf Cassette gespeicherten Ruf anzulocken, ging leider daneben, aber ein paar Rufe in der Ferne konnten wir hören. Immerhin.

„Huu-huu“ und „Kuwitt“

Im Moment stehen die Chancen nicht schlecht, den Ruf zu hören – wer in der Nähe von größeren Parks mit alten Bäumen wohnt, der sollte in der Dämmerung oder nachts mal lauschen. Denn jetzt beginnt die Balz-Zeit bei den Eulenvögeln, die bis ungefähr März dauert. Wenn kurz nach dem „Huuh-hu-uuu“-Balzruf ein „Kuwitt“ zu hören ist, dann ist es das Weibchen, das auf den Balzruf reagiert. Und diese Rufe sind es auch, die dem Waldkauz den Ruf als Todesvogel eingebracht haben – zumal er absolut lautlos fliegt.

Abergläubische Menschen meinen nämlich aus dem „Kuwitt“ ein „komm mit“ zu hören und glauben, dass bald jemand stirbt. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall, denn wenn das Rufduell erfolgreich ist, dann gibt es  etwa einen Monat später Nachwuchs bei Familie Waldkauz. Das Nest wird in einer Baumhöhle oder Felsnische gebaut, manchmal nutzen die Vögel auch alte Nester von Krähen oder Greifvögeln.

Überlebenskampf auf dem Ast

Und was wenig später geschieht, ist unglaublich: Denn schon nach ungefähr einem Monat springen die Jungen aus der Bruthöhle. Wenn sie auf den Boden fallen, dann spazieren sie zum nächsten Busch oder Baum, klettern hoch und warten dann auf einem Ast auf ihre nächste Mahlzeit. Fliegen können sie zu der Zeit noch nicht, allerdings brauchen sie nur noch etwa 20 Tage, bis ihnen auch das gelingt. In der Zwischenzeit werden sie von den Eltern streng bewacht – in der Zeit sind die Altvögel auch tagsüber unterwegs. Wer sich dem Nachwuchs zu sehr nähert, wird angegriffen – auch Menschen müssen dann mit Attacken von hinten rechnen, die Käuze sind dabei nicht zimperlich. Das Verhalten der Vögel ist verständlich, denn die  jungen Waldkäuze sind in der Zeit in großer Gefahr, einem Bussard oder Fuchs zum Opfer zu fallen.

Der Waldkauz ist ein Symbol für Weisheit

Übrigens hat die Eule, die mit ihren scharfen Augen, dem noch schärferen Gehör, den greifvogelähnlichen Krallen und dem lautlosen Flug perfekt für die nächtliche Jagd ausgestattet ist, bei vielen Kulturen eine besondere Bedeutung. Und nicht überall gilt sie als Unheilsbringerin. Die alten Römer und Griechen sahen den Kauz als Symbol der Weisheit und Gelehrsamkeit, die Indianer in Nordamerika ebenfalls. Kein Wunder also, dass der Vogel im Märchen gern mit Brille dargestellt wird! Wenn Sie also das „Huu-huu“ oder das „Kuwitt“ mal wieder hören, dann freuen Sie sich über die Begegnung, die mit Grusel nun wirklich nichts zu tun hat. Sondern bloß mit einem Vogel, der selten ist in der großen Stadt.

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3 Antworten auf „Waldkauz auf Brautschau“

Es gibt auf jeden Fall weit mehr Todesfälle als Eulen. So schöne Vögel! Wie ungerecht, die als Unheilsbringer abzustempeln. Schon einmal eine Eule hochgehoben? Die sind zwar flauschig, aber ganz federleicht. Kein Wunder, dass man die nie fliegen hört. Riesige lautlose Flügelschläge – das kommt vielleicht vielen Menschen unheimlich vor.

Das kenne ich noch zu gut von den alten Frauen im Dorf: wenn nachts das Käuzchen zu höre war, musste es doch irgendwo einen Sterbefall geben, da wurde dann fleißig getratscht, bis einer gefunden war…

Ja – es ist seltsam, wie sich solcher Aberglauben hält. Und wie man sich bestätigt fühlt, wenn man Recht hatte mit dem Todesfall… Die armen Käuzchen!

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