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Hommage an die Große Woll-Distel

Disteln gehören allgemein nicht zu den Lieblingsblumen. Was sicher daran liegt, dass sie ziemlich wehrhaft sind. Aber wer sich aufs Gucken beschränkt, wird feststellen, dass es sehr besondere Gewächse sind. Eine davon ist die stattliche Große Woll-Distel, auch Gewöhnliche Eselsdistel genannt. Wo man sie lässt, kann sie schon mal drei Meter hoch werden!

Große Woll-Distel in Berlin

Vor ein paar Tagen habe ich einige nicht ganz so große Exemplare auf einer Wildblumenwiese am Gleisdreieck (von der Yorckstraße aus zu erreichen) gesehen. Der Anblick ist ein Traum: Hier blühen Natternkopf und Johanniskraut, Disteln, Malven, Nachtkerzen, Mohn und andere Blumen in so einer Pracht um die Wette, dass auch sehr eilige Menschen wenigstens kurz innehalten. So viel Farbe ist selten geworden in der großen Stadt.

Riesengewächs neben der Landstraße

Große Woll-Distel
Große Woll-Distel Foto: Silke Böttcher

Die Große Woll-Distel ragte in diesem Fall noch nicht so sehr in die Höhe, was auch an der Hanglage liegen könnte. In Brandenburg habe ich sie aber auch schon als wahre Riesen neben der Landstraße gesehen. An den spinnwebigen Haaren, die die gesamte Pflanze bedeckt, kann man sie gut erkennen.

Die Distel, die zu den Korbblütlern gehört, hat bis zu einen Meter lange gezähnte Blätter mit vielen Dornen, auffällig sind die breit herablaufenden Ränder, die am Stängel dornige „Flügel“ bilden. Sie sind wichtig, um die Distel bei Sturm zu stabilisieren und um Regenwasser in den Boden zu leiten.

Wunderschöne rote Blüten

Bei einer so großen Pflanze ist es nicht erstaunlich, dass auch die Blüte stattlich ist. Das einzelne Körbchen kommt auf einen Durchmesser von mehr als fünf Zentimetern. Bevor die rosafarbenen Blüten erscheinen, sieht man vor allem eine dornige Kugel. Es dauert noch ein paar Tage, bis alle Blüten zu sehen sind – normalerweise ist die Blütezeit zwischen Juli und August.

Insekten lieben Disteln

Bei Insekten wie Bienen, Schmetterlingen und Schwebfliegen ist die Woll-Distel (wie andere Distelarten auch) sehr begehrt. Sie kommen in Scharen, um den Pollen zu sammeln. Anschließend bilden sich Früchte, die als Achänen bezeichnet werden: Die Samen hängen an Schirmchen, die mit dem Wind, aber auch durch Ameisen verbreitet werden. Die kleinen Tiere nämlich haben eine Vorliebe für die ölreichen Früchte und tragen sie in ihre Bauten.

Lebensraum Brachfläche

Die Woll-Distel (Onopordum acanthium), die zu den Korbblütlern gehört, stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Sie liebt sandige Lehm- und Kalkböden auf Brachen, Verkehrsinseln und neben Wegen. Trockenheit macht ihr nichts aus, denn sie bildet lange Pfahlwurzeln, mit denen sie tief in den Boden reicht. Am Standort in Berlin-Kreuzberg kommt sie ganz offenbar auch mit dem Gestein des einstigen Bahndamms gut zurecht.

Essbare Pflanzenteile

Übrigens ist die Pflanze sogar essbar. Die Blütenkörbe und deren Böden können als artischockenartiges Gemüse eingesetzt werden, die Stiele kann man schälen und wie Rhabarber oder Spargel in Wasser kochen. Und auch das aus den Samen gepresste Öl ist schmackhaft (allerdings ist es nicht das, was gemeinhin als Distelöl bekannt ist – hier dient die Färberdistel als Lieferantin). Genutzt wird die Woll-Distel allerdings kaum, was sicher auch an den Dornen liegt.

Wertvoller Pollenlieferant

Wer eine Woll-Distel in seinem Garten entdeckt, sollte sie unbedingt stehen lassen. Denn sie ist ein wertvoller Pollenlieferant für Insekten. Und sie hat auch gesundheitliche Vorzüge. Die Pflanze enthält unter anderem Alkaloide, Flavonoide und Gerbstoffe, im Öl stecken gesättigte und ungesättigte Fettsäuren. Einsatz findet die Distel zum Beispiel gegen Kreislaufprobleme und Schlafbeschwerden. Auch gegen Wassereinlagerungen im Körper soll sie helfen, sie wirkt antientzündlich, antibakteriell und verscheucht freie Radikale.

Wirkung gegen Krebs?

Inzwischen gibt es auch Kosmetikprodukte, für die Alkoholextrakte aus Blättern, Blüten und Stilen verwendet werden – die Cremes helfen gegen Hautalterung. Eindrucksvoller aber sind die Erkenntnisse, dass ein Extrakt der Distel womöglich sogar Krebs bekämpfen kann.

Was die Woll-Distel für die Schotten bedeutet

Und es gibt noch mehr: Legenden besagen, dass die Woll-Distel schon mal einen nächtlichen Überraschungsangriff barfüßiger Wikinger auf Schottland abgewehrt hat. Zum Dank wurde sie als „scotch thistle“ zur Wappenpflanze Schottlands. Auch der älteste schottische Orden, der „Order of the Thistle“, ist nach ihr benannt, und die Pflanze ist eines der Nationalsymbolde der Region.

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