Andreas Kieling ist weit herumgekommen in der Welt. In Ruanda begegnete der bekannte Tierfilmer riesigen Berggorillas, in Alaska kam er Grizzlys sehr nahe. In Indonesien beobachtete er Komodo-Warane und in Indien traute er sich nahe an Löwen heran. Doch ein Land fasziniert ihn mehr als die meisten anderen: seine deutsche Heimat. Im großartigen Bildband „Sehnsucht Wald“, der in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsfotografen Kilian Schönberger entstand, setzt er ihr ein Denkmal.
Andreas Kieling: Eine Kindheit in der Natur
„Ich bin im Wald groß geworden“, sagt Kieling, „im Thüringer Wald.“ Die Natur dort war sein Spielplatz und sein Lehrmeister. Er konnte Hirschrufe so gut nachahmen, dass die echten Hirsche antworteten. Und er nahm schon mal einen Igel und einen Maulwurf mit zur Schule. Noch heute sind es die kleinen Dinge, an die er sich besonders gut erinnert. Der Duft nach Kiefernwald. Den Ruf von Tieren. Das Licht.
Auge in Auge mit seltenen Tieren
Im Bildband hat er Tiere festgehalten, die in Deutschland selten geworden sind. Luchse und Wildkatzen, Steinböcke, Bartgeier, Wölfe und einen Bären namens „JJ1“ alias Bruno, der traurige Berühmtheit erlangte, weil er zum „Problembären“ erklärt und trotz massiver Proteste wenig später erschossen wurde. „Ich engagiere mich für die Natur in Deutschland“, sagt Andreas Kieling, „sie ist mir wichtig.“ Und deshalb erhebt er auch seine Stimme – bei den Sendungen für „Terra X“, die er mit seinem Team fürs ZDF produziert, aber auch in Gesprächen. Auch für diesen Einsatz wurde er im Oktober 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Mit allen Sinnen auf den Wald einlassen
Ganz besonders haben es ihm Wälder angetan. „Wir sind alle Waldmenschen“, meint er, „ohne Wald würden wir die Seele und die Luft zum Atmen verlieren.“ Statt einen Wald als Holzlieferanten zu sehen, sollte man sich auf ihn einlassen. Denn der Wald, davon ist der Tierfotograf überzeugt, entspannt auch den nervösesten Menschen. Man klettert auf Bäume, läuft mal barfuß, beobachtet Tiere – und diese Eindrücke vergisst man nicht. Andreas Kieling erlebt das selbst, immer wieder.
Sortiert nach Gebieten und Jahreszeiten
Der großartige Bildband ist nach Waldgebieten (Bayerischer Wald, Rothaargebirge, Norddeutsche Wälder, Bergwälder) aufgeteilt. Und nach Jahreszeiten. „Ich, liebe den Herbst“, so Andreas Kieling. Die Paarungszeit der Huftiere begeistert ihn, aber auch der Duft nach Pilzen. Und die Tiere, die emsig dabei sind, Wintervorräte zu sammeln. Aber auch der Frühling hat es ihm angetan, die Zeit, in der die Frühblüher zu sehen sind und die Tiere nach einer Zeit des Kräftesammelns wieder aktiv werden.
Berührende Tierporträts
Andreas Kieling ist den Tieren bei seinen Wanderungen sehr nahe gekommen, ohne sie zu stören, und dabei gelangen ihm berührende Porträts. Etwa das einer jungen Wildkatze, die das Klettern übt. Das von zwei Bartgeiern bei ihrer Mahlzeit. Oder das von zwei Steinböcken beim Kampf.
Spektakuläre Landschaftsaufnahmen von Kilian Schönberger
Nicht nur Tiere werden in dem Bildband gezeigt, sondern auch spektakuläre Landschaften des Fotografen Kilian Schönberger. Der hat so manchen Ort immer und immer wieder besucht, bis das Licht genau so war, wie er es sich vorgestellt hat. Was herausgekommen ist, sind großartige Bilder einer majestätischen Natur.
Persönliche Geschichten
Andreas Kieling hat nicht nur die Tierfotos, sondern auch die Texte beigesteuert. Sehr persönliche Geschichten über Erlebnisse, die er im Wald hatte. So erzählt er von seinem Lieblingsbaum, einer uralten Eiche in der Colbitz-Letzlinger Heide, die er als Kind schon regelmäßig besucht hat. Und das tut er immer noch. „Auf der Eiche habe ich eine Woche gelebt und danach drei Wochen unter ihr“, erzählt er. Dabei sei der Baum nicht hübsch und schon seit Jahren dabei, abzusterben. Aber wie soll man Liebe auch logisch erklären?
Vorliebe für Brandenburg und Bergwälder
Obwohl Kieling seit langem in der Eifel wohnt, hat er eine besondere Vorliebe für Brandenburg, wo er regelmäßig mit seiner Hündin Cleo unterwegs ist. Etwa im Nationalpark Unteres Odertal, wo er auch schon mal Journalisten die landschaftlichen Besonderheiten zeigt.Und er liebt Bergwälder. Weil sie so wild und unbändig sind und man sie nicht kultivieren kann. Und weil sich die Landschaft mit jedem Meter nach oben verändert. „Menschen“, sagt der Tierfilmer, „ziehen sich aus solchen Regionen zurück. Es gibt keine Arbeit und alles ist zu einfach, das reicht vielen nicht mehr.“ Dafür kommen dann Tiere zurück, die lange Zeit verschwunden waren. Der Bildband zeigt solche Gebiete. Wilde, einsame Landschaften, die den Betrachter staunen lassen.
„Sehnsucht Wald“ – Infos
National Geographic Buchverlag, 240 Seiten, 49,99 Euro