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Erhalt des Stadtgrüns: Das fordern Umweltverbände in Berlin

Auch wenn wir es angesichts der derzeitigen Kälte beinahe schon vergessen haben: Der Januar 2023 war im Mittel um vier Grad zu warm. Und weil die Klimakrise vor der Hauptstadt nicht halt macht, haben die Umweltverbände NABU, BUND, NaturFreunde, Grüne Liga und Gartenfreunde heute zum Pressegespräch geladen. Thema: Erhalt des Stadtgrüns in Berlin.

Verlust des Stadtgrüns verstärkt die Klimakrise

Für Berlin ist die Klimakrise eine Herausforderung, denn es wird immer trockener und heißer. Der stetige Verlust grüner Freiflächen verstärkt das noch. Hinzu kommt, dass dadurch Lebensräume für seltene, aber auch für bisher noch häufige Tier- und Pflanzenarten verschwinden, was das Artensterben beschleunigt.

Naturschutzverbände: Berlin zur echten Zukunftsstadt entwickeln

Die Berliner Naturschutzverbände wollen auf diese Situation aufmerksam machen und die Politik (auch mit Blick auf die Wiederholungswahl) auffordern, Berlin zur echten Zukunftsstadt zu entwickeln. Das funktioniere nur mit einer sozial-ökologischen Stadtentwicklung mit blau-grüner Infrastruktur. Dieser Begriff (manchmal auch grüne Infrastruktur genannt) bezeichnet die Stadtnatur, also die bepflanzten Bereiche der Stadt: Parks und Alleen, Schlossgärten, Friedhöfe, Gärten, Dachbegrünung, bepflanzte Kreisverkehre und so weiter.

Blau-grüne Infrastruktur für Berlin

Solche Begreiche haben gleich mehrere positive Funktionen in der Großstadt: Vögel und Insekten finden hier Lebensräume, Nahrung und Nistflächen, außerdem steigern die Pflanzen die Aufenthaltsqualität für Menschen, weil sie Feinstaub binden, die Luft reinigen, Schall schlucken und Sauerstoff produzieren. Vor allem im Sommer macht sich das bemerkbar, denn in Stadtwäldern sind die Temperaturen auch bei großer Hitze deutlich niedriger als in Gebieten mit Asphalt und Steinen. Hinzu kommt, dass versiegelte Flächen bei Hochwasser überschwemmt werden, während offene Böden das Wasser versickern lassen.

„Versiegelung verschärft die Krise“

„Durch die Versiegelung für die zahlreichen neuen Stadtquartiere verschärfen wir die Klimakrise“, so Julia Schlaberg, Naturschutzreferentin des NABU Berlin. Und ergänzt: „Das können wir uns einfach nicht mehr leisten! Wir müssen sofort die Netto-Null-Versiegelung umsetzen. Unsere begrenzten Flächen müssen wir zudem sinnvoller nutzen: bereits versiegelte Flächen für Geschosswohnungsbau, alternativ Entsiegelung für artenreiches Stadtgrün und – am allerwichtigsten – wertvolle Freiflächen für die Klimaanpassung erhalten.“

Grünflächen für ein erträgliches Stadtklima

Mehr als die Hälfte der Berliner Landesfläche, so die Naturschutzverbände, sind schon als Siedlungs- oder Verkehrsfläche ausgewiesen. Für die lebensnotwendige Versorgung mit Grünflächen bleibe da nicht mehr viel übrig. Aber gerade dieses Stadtgrün ist unverzichtbar für ein erträgliches Klima in der Stadt. Sobald es für andere Zwecke genutzt wird, ist es als nachhaltige grüne Fläche nicht mehr einsetzbar.

Stadtgrün sichern mit Hilfe des FNP

Tilmann Hauser, Geschäftsführer des BUND Berlin: „Berlin braucht endlich einen Flächennutzungsplan (FNP), der die Grenzen des Wachstums der Siedlungs- und Verkehrsfläche definiert und eine neue Steuerungswirkung entfaltet – weg von einer Ausweisung weiterer Baugebiete hin zu einer Sicherung des Stadtgrüns und zum Schutz des Stadtklimas.“

Mehr Schutz für Kleingärten gefordert

Die Naturschutzverbände fordern die Politik auch dazu auf, sich mehr für den Erhalt der Berliner Kleingärten einzusetzen – auch sie sind schließlich ein wichtiger Teil des Berliner Stadtgrüns. „Den politischen Beteuerungen“ müssten jetzt zeitnah Taten folgen, so Gert Schoppa, Präsident des Landeserbandes der Gartenfreunde. „Eine Anpassung des Flächennutzungsplans verbunden mit einer baurechtlichen Erklärung auch zur Sicherung der Flächen unter drei Hektar wäre eine logische Konsequenz aus allen öffentlichen Absichtserklärungen.“

Bessere Pflege fürs Stadtgrün

Die Grüne Liga fordert, dass das Stadtgrün wieder fachgerecht gepflegt wird und dafür geschultes Personal eingesetzt wird. „Wir dürfen keine weiteren Lebensräume mehr durch mangelnde, falsche oder zu intensive Pflege verlieren“, so Lena Assmann von der Grünen Liga. Und die NaturFreunde wünschen sich mehr Personal und Finanzmittel für die Grünflächenämter und Naturschutzbehörden, damit „das Berliner Grün endlich ausreichend entwickelt, die Artenvielfalt verbessert und das Stadtgrün im Interesse des Naturschutzes und der Aufenthaltsqualität für die Menschen aufgewertet wird“, sagt Uwe Hiksch von den NaturFreunden.

Weniger Grün – mehr unerträgliche Sommer

Gemeinsam stellen die Verbände fest, dass die Lebensqualität in Berlin ohne diese Maßnahmen schon bald sinken wird. Klar: Je weniger Grün es in der Stadt gibt, desto unerträglicher wird es im Sommer in den bebauten Stadtquartieren. Die neue Berliner Landesregierung stehe vor gewaltigen Herausforderungen, die jetzt dringender als je zuvor angegangen werden müssen. Die Umwelt- und Naturschutzverbände bieten dem künftigen Senat schon jetzt ihre Unterstützung bei der sozial-ökologischen Transformation der Stadtentwicklung an.

Berlin ist eine der grünsten Städte der Welt

In Berlin gibt es viel Stadtgrün zu schützen: Zur Stadt gehören etwa 2500 öffentliche Grünanlagen mit einer Gesamtfläche von etwa 6500 Hektar. In der Rangliste „The World’s Greenest Cities 2020“ landete die Stadt hinter Wien und München auf Platz 3.

Zusammengetragen wurden folgende Faktoren: Anteil öffentlicher Grünflächen, Prozentsatz des gesamten Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien, Anteil der Bevölkerung, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt, Grad der Luftverschmutzung, Wasserverbrauch pro Kopf, Begehbarkeit, Verfügbarkeit von stadtweitem Recycling, Verfügbarkeit von stadtweiter Kompostierung und Zahl der Bauernmärkte. Berlin wurde für seine große Zahl öffentlicher Parks, der guten Begehbarkeit der Stadt, die öffentlichen Verkehrsmittel und den im Vergleich zu anderen Großstädten sehr geringen Wasserverbrauch gelobt.

Berlins Schatzkästchen: der Wald

Mit fast 29.000 Hektar Wald hat Berlin zudem einen ganz besonderen Schatz, der viel Einfluss aufs Klima nimmt, unter der zunehmenden Trockenheit aber auch immer mehr leidet. Hinzu kommen die schon erwähnten Parks und etwa 71.000 Kleingärten, die ein wesentlicher Teil des Berliner Stadtgrüns sind. 82 Prozent davon sollen, so der Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, dauerhaft erhalten bleiben, für 9,4 Prozent wird der Bestandsschutz, der Ende 2020 ausgelaufen wäre, bis 2030 verlängert.

Wohnraum schaffen und Stadtgrün erhalten

Natürlich braucht die Stadt zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum, aber das sollte auf Flächen geschehen, die ohnehin schon versiegelt sind. Außerdem ist es dringend notwendig, bei den Planungen die blau-grüne Infrastruktur mit einzubeziehen und nicht nur die große, sondern auch die kleinflächige Stadtnatur zu erhalten. Und alles zu tun, damit Berlin auch in Zukunft zu den grünsten Städten der Welt gehört.

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