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Stadtlandschaften: Wo Berlin wirklich wild ist

Ich liebe Stadtlandschaften. Diese Flächen, in denen die Natur sich selbst überlassen wird und dabei etwas ganz Besonderes erschafft. Und das ganz ohne Planung, Dünger und andere Hilfsmittel. Manchmal ist es ein Streifen Land neben Bahngleisen, manchmal eine vergessene Brache. Und was entsteht, ist lebendiger als so manche perfekt gepflegte Grünanlage.

Stadtlandschaft am Schöneberger Südgelände

Ein gutes Beispiel für eine Stadtlandschaft ist der Natur-Park Schöneberger Südgelände. Hier hat sich die Natur einen ehemaligen Rangierbahnhof zurückerobert. Ein paar Relikte aus der Bahnhofszeit stehen noch und wurden einfach überwuchert. Dazwischen verlaufen Wege, die sich der Natur anpassen, nicht umgekehrt. Heute hat der Park einen unglaublichen Artenreichtum. Ganz nebenbei hat er sich zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt.

Seltene Arten im Biesenhorster Sand

Auch der Biesenhorster Sand auf dem Gelände des einstigen Rangierbahnhofs Wuhlheide in Karlshorst ist eine solche Fläche. Sie wurde nicht nur als Bahnhof, sondern bis 1994 auch als Militärgelände genutzt. Heute ist sie ein Paradies: 382 Pflanzenarten wachsen hier, 21 davon stehen in Berlin auf der Roten Liste. Dazu kommen unzählige Insekten – allein 388 Schmetterlings- und 778 Käferarten wurden entdeckt! Die Zauneidechse kommt im Biesendorfer Sand vor, ebenso der Neuntöter, beides seltene Tierarten in Berlin. Der Nabu setzt sich seit vielen Jahren für den Schutz dieses besonderen Biotops ein.

Von der Mülldeponie zum Naturparadies

Die Liste ließe sich noch lange weiterführen. Der Naturschutzpark Marienfelde, eine ehemalige Mülldeponie, gehört zu den ungewöhnlichen Stadtlandschaften – auf diesem Gelände kann man stundenlang herumwandern und viele Tiere und Pflanzen sehen, die andernorts längst verschwunden sind. Die Flächen sind naturbelassen, zwischendrin stehen ein paar Tafeln, die über die Bewohner des Idylls informieren.

Natur auf der Brache

Und es gibt noch viele andere, deutlich kleinere Flächen, an denen man täglich vorbeigeht. Einige sieht man während der Fahrt mit der S-Bahn gleich neben den Gleisen. Meist sind es Brachen, die man erst dann wahrnimmt, wenn sie zum Blütenmeer werden – die Nachtkerze zum Beispiel ist eine der Pionierpflanzen, die so manche Schuttfläche im Sommer in strahlendes Gelb taucht. 

Die Natur entwickelt sich selbst

Es sind diese Flächen, die sich ganz ohne menschliche Eingriffe entwickelt haben. Sie wurden nicht von Landschaftsplanern gestaltet und haben noch nie eine Heckenschere gesehen. Totholz und Laub dürfen liegen-, Gebüsch stehen bleiben. Es wird weder gedüngt noch bewässert. Was beweist, dass die Natur solche „Hilfen“ gar nicht braucht. Sie erschafft auch so Landschaften, über die wir staunen.

Von der Brache zum Naturparadies

Es dauert meist nicht lange, bis auf einer Brache die ersten Pflanzen wachsen. Zu den Pionieren gehören die schon erwähnte Nachtkerze, Kanadisches Berufskraut, Huflattich, Gräser und der Natternkopf mit seinen wunderschönen blauen Blüten. Kaum blüht etwas auf einer Brache, sind schnell die ersten Insekten da, gefolgt von größeren Tieren. Etwas später siedeln sich wieder neuen Pflanzen an, und dann tauchen schon die ersten Bäume auf, etwa Birke und Robinie. Nach ein paar Monaten hat sich die einst kahle Fläche in ein lebendiges Biotop verwandelt.

Eine Großstadt braucht wilde Stadtlandschaften

Natürlich sind Parkanlagen mit picobello gepflegten Blumenrabatten schön. Aber erstens brauchen sie sehr viel Zuwendung (was Geld kostet) und zweitens sind sie oft nicht wirklich artenreich. Der BUND zum Beispiel fordert deshalb, auch in Parkanlagen Bereiche extensiv zu pflegen und Stadtbrachen zu erhalten, damit die Anwohner sehen, wie sich Natur selbst reguliert und neue Stadtlandschaften entstehen. Auch eine Großstadt braucht nämlich ein bisschen echte Wildnis. 

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