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Anspruchsloser Neubürger: das Vierblättrige Nagelkraut

Das Vierblättrige Nagelkraut gehört zu den Pflanzen, die man meist erst bemerkt, wenn man darauftritt. Falls man sie überhaupt wahrnimmt. Das Gewächs, das vom Bochumer Botanischen Verein zur Stadtpflanze des Jahres 2023 gekürt wurde, wächst in Pflaster-Ritzen und ist auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar. Wildes Berlin stellt den Neubürger aus dem Mittelmeerraum vor.

Vierblättriges Nagelkraut ist ein Nelkengewächs

Der Bochumer Botanische Verein wählt seit 2017 die Stadtpflanze des Jahres. Das können Gehölze sein, aber auch ganz seltene Arten, die in Städten einen Lebensraum gefunden haben. Das Vierblättrige Nagelkraut (Polycarpon tetraphyllum), Preisträgerin dieses Jahres, gehört zu den Nelkengewächsen – zu seinen Verwandten gehörten Sternmiere, Karthäuser- und Heide-Nelke). Den Namen verdankt sie vermutlich der Tatsache, dass Botaniker sie früher mit einer anderen Pflanze namens Paronychia verwechselten – mit ihr wurden einst eingewachsene Fingernägel behandelt.

Blätter zwischen sehr klein und winzig

Das Vierblättrige Nagelkraut wird nur fünf bis 20 Zentimeter hoch. Die nur etwa acht bis 13 Millimeter großen Laubblätter sind eiförmig und bilden an einigen Stellen vierzählige Scheinquirle – ihnen verdankt das Gewächs den ersten Namensteil. Es gibt noch weitere, noch viel kleinere Blätter an der Basis der größeren Blätter.

Blüten können sich selbst bestäuben

Blütezeit der Pflanze ist zwischen Juni und September. Wobei man sehr gut hinschauen muss, um die weißen Blüten zu sehen: Sie sind kaum zwei Millimeter groß und bilden dichte Dolden. Meist bestäuben sich die Blüten selbst, aber die Pflanze wird auch von Bienen oder Schwebfliegen besucht. Anschließend bilden sich die Fruchtstände, die etwas auffälliger sind – sie bilden zeitweise den Großteil der Pflanze.

Mensch und Tier helfen beim Verbreiten der Samen

Die Kapselfrüchte sind kugelförmig und haben drei Klappen. Sobald die Früchte reif sind, springen die Klappen auf. Beim Verbreiten werden die Pflanzen durch Hunde, aber auch durch Menschen unterstützt, die die trockenen Samen unbeabsichtigt mitnehmen.

Bevorzugter Standort der Pflanze sind Fugen im Straßenpflaster, aber auch an geschützteren Bereichen wie zum Beispiel Mauern findet sie Ausbreitungsmöglichkeiten.

Eingewandert aus dem Mittelmeergebiet

Ursprünglich kommt das Vierblättrige Nagelkraut aus dem Mittelmeerraum, aus Nordafrika und der arabischen Halbinsel. Dort wächst es vor allem auf Dünen, sandigen Äckern, Kiesstränden, an Straßenrändern oder auf Brachstellen. Sie gilt als Trittpflanze (das sind Pflanzen, die Verletzungen durch Tritt und Verdichtung des Bodens vertragen).

Vierblättriges Nagelkraut: Lebensraum zwischen Fugen

Genau diese Trittpflanzen finden in Städten gute Bedingungen, allerdings ändert sich das seit einigen Jahren: Die immer heißeren Sommer sorgen dafür, dass heimische Pflanzen aus dicht bebauten Gebieten verschwinden. Sie machen Platz für Neophyten (eingewanderte Pflanzen), die mit den Bedingungen besser zurechtkommen (etwa Vogelknöterich und Gefleckte Wolfsmilch). Auch das Vierblättrige Nagelkraut gehört dazu – als wärmeliebende Art macht ihm das extreme Stadtklima wenig aus. Auch die Fähigkeit der Selbstbestäubung ist ein Vorteil für die Pflanze.

Wenn Sie das nächste Mal beim Stadtspaziergang auf eine Pflanze treten, schauen Sie ruhig mal genauer hin – es könnte ein Vierblättriges Nagelkraut sein 🙂.

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2 Antworten auf „Anspruchsloser Neubürger: das Vierblättrige Nagelkraut“

Sehr interessant, besonders wenn ja diese Pflänzlein meistens aus den Fugen rausgekratzt werden, dem Sauberkeitswahn zum Opfer fallen, wichtiger Lebensraum für Kleininsekten.

Lieber Herr Hamann,
da haben Sie Recht. Ich finde es auch sehr schade, dass diese Pflanzen deshalb kaum eine Chance haben.
Viele Grüße von Silke

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