Im Frühling gehört sie zu den Bäumen mit den herrlichsten Blüten. Im Herbst zeigt die Ross-Kastanie andere Qualitäten. Die sind rund und braun und glänzend und neigen manchmal dazu, harmlosen Passanten direkt vor die Füße zu fallen (wenn sie Pech haben, auch auf den Kopf). Die Früchte des Baumes, der locker 30 Meter hoch werden kann und an vielen Straßen in Berlin für Schatten sorgt, sind bei Kindern heiß begehrt als Kopf und Bauch von Kastanienmännchen und Erwachsene legen sie gerne als Dekoration in Schalen, nachdem sie die Kastanien für ein Weilchen als Handschmeichler benutzt haben.
Die Früchte der Kastanie stecken in stachligen Hüllen
Bis zu 300 Jahre alt kann die Rosskastanie werden – und dort, wo sie Platz hat, ist sie so eindrucksvoll, dass sie weithin auffällt. Verwechseln kann man sie nicht. An ihren fünf bis sieben langen Blättern, deren Form an eine Hand erinnert, ist sie ebenso gut zu erkennen wie an der Gestalt der Zweige, deren Ende immer ein bisschen nach oben ragt. Und dann sind da natürlich noch die Früchte, die in einer stachligen Hülle stecken, bis sie irgendwann aufplatzt und die glänzenden Früchte entlässt.
Die Miniermotte liebt die Rosskastanie
Die Blütezeit der ursprünglich aus der Balkanregion stammenden Kastanie ist zwischen April und Mai. Eigentlich. Und dann sieht man sie plötzlich im Herbst blühen. Im Herbst??? Dieses „Wunder“ hat einen traurigen Hintergrund: ein winziges Insekt, das vor ungefähr 20 Jahren in Deutschland eingewandert ist und seither so gut wie alle Rosskastanien befallen hat. Bei sehr starkem Befall durch die Miniermotte blüht der Baum noch einmal – aber zu einer Zeit, in der sich Bäume eigentlich schon aufs Blätterabwerfen vorbereiten. Immerhin haben einige Vogelarten den Schädling inzwischen als Lieblingsspeise entdeckt.
Ludwig XIV. sorgte für die Verbreitung der Rosskastanie
Vermutlich ist es Ludwig XIV. zu verdanken, dass sich die Kastanie stark vermehrt hat. Er mochte den Baum so sehr, dass er ihn überall in Parks anpflanzen ließ. Später entdeckten Brauer, dass die Kastanie mit ihren flachen Wurzeln und der ausladenden, schattenspendenden Krone wunderbar geeignet ist, Bierkeller kühl zu halten – und das ist einer der Gründe, warum noch heute in vielen Biergärten Kastanien wachsen.
Die Kastanie, eine wertvolle Heilpflanze
Übrigens ist die Kastanie nicht nur sehr schön, sondern auch ein beeindruckender Rohstofflieferant. Und damit meine ich nicht das Holz, sondern die Früchte, die viele Saponine enthalten (wenn man die Kastanien mit kochendem Wasser übergießt, entsteht eine Art Seifenwasser, mit dem man sogar Kleidung sauber bekommt). Aus den Früchten wird Kosmetik und Farbe hergestellt. Aus den Ölen kann man Seife machen, Blätter und Blüten werden zum Beispiel auch in der Pharmazie genutzt : Die Rosskastanie stärkt die Venen und hilft gegen Krampfadern oder Hämorrhoiden, aber auch gegen Entzündungen. Wie es funktioniert? Der Inhaltsstoff Aescin dichtet die Gefäßwände ab, wodurch sich kein Wasser im Gewebe ansammeln kann. Kein Wunder, dass die Rosskastanie die Arzneipflanze des Jahres 2008 war. Eingesetzt wird sie als Salbe oder als Tablette.