Dass Berlin eine sehr grüne Metropole ist, weiß jeder, der hier lebt. Aber haben Sie eine Vorstellung, wieviele wilde Tiere in der Stadt leben? Und wie sie mit den Menschen zurechtkommen? Christian Koch und Axel Krohn beschäftigen sich schon lange mit dem Thema. Vor einiger Zeit haben sie ein spannendes Buch geschrieben.
Tiere in der Stadt, vom Insekt bis zum Säugetier
„Unsere unbekannten Nachbarn – Das wundersame Leben der Tiere in der Stadt“ beschäftigt sich mit Tierarten vom Steinmarder über die Nilgans bis zum Wasserläufer, vom Buntspecht über die Zwergfledermaus bis zur Gottesanbeterin. Dabei haben die Autoren – Christian Koch ist Biologe und Axel Krohn Kultur- und Medienmanager – festgestellt, wie sehr sich Tiere in der Stadt an den für sie ja eigentlich ungewohnten Lebensraum angepasst haben.
Füchse, sie an der roten Ampel warten
In London wurden Füchse schon beim U-Bahn-Fahren erwischt, und in München beobachteten Naturfreunde, wie ein Fuchs an einer roten Ampel stehenblieb und erst bei Grün die Straße überquerte. Was nicht nur beweist, wie intelligent diese Tiere sind, sondern auch, dass sie sehr schnell lernen, wie man am besten überlebt. Überhaupt sind große Städte das reine Paradies für sie, denn hier finden sie nicht nur viele Beutetiere (zum Beispiel Ratten und Mäuse), sondern auch Nahrungsreste wie die weggeworfene Pizza.
Zigarettenstummel gegen Parasiten
Ähnlich klug haben sich Spatzen an die Großstadt angepasst. Sie sind frech genug, um sich von Kuchentellern im Straßencafé zu bedienen, aber sie haben sogar gelernt, sich gegen Zecken zu wehren. Wie sie das tun? Sie picken nach Zigarettenstummeln. Die fressen sie aber nicht, sondern zerpflücken die Filterfasern und bauen sie in ihre Nester ein. Forscher haben Nester untersucht und festgestellt: Je mehr Kippen in einem Nest verbaut sind, desto weniger Parasiten breiten sich darin aus. Das liegt am Nikotin, das für viele Organismen ein starkes Gift ist. Zwar ist nicht ganz geklärt, ob die Vögel die Stummel eventuell auch als flauschige Unterlage verwenden, aber Forscher wissen, dass Vögel gerne Pflanzen mit ätherischen Ölen als Nistmaterial nutzen, um sich vor Parasiten zu schützen.
Viele Tierarten werden beschrieben
Die Autoren haben sich mit vielen Tieren beschäftigt. Dem schnellsten Lebewesen auf dem Planeten (dem Wanderfalken), der locker mit Tempo 300 durch die Lüfte jagt und dabei seine Beutevögel im Flug schlägt, oder dem Buntspecht, der aus dem Wald in die Städte kommt, weil es hier jede Menge Baustoffe für ihn gibt (Fassadendämmungen zum Beispiel – nicht unbedingt zur Freude der Hausbesitzer).
Begegnung mit der Ringelnatter
Selbst die scheue Ringelnatter fühlt sich in der Stadt wohl. Oder besser in den Gärten der Stadt, falls es dort Komposthaufen gibt. Den schätzen auch Igel, die dort gerne ihren Winterschlaf verbringen. Wem eine Ringelnatter im Garten begegnet: Keine Angst, sie ist komplett ungiftig und zudem ziemlich menschenscheu. Wenn man ihr tatsächlich mal zu nahe kommt, kann sie bedrohlich gucken, den Unterkiefer wie zum Angriff nach vorne schieben und noch dazu zischen, aber das sind leere Drohungen. Für den Menschen heißt das: Bitte komm nicht noch näher!
Gottesanbeterinnen in Schöneberg
Inzwischen ist sogar die Gottesanbeterin in der Stadt heimisch geworden. Seit etwa 20 Jahren kann man sie im Naturpark Schöneberger Südgelände sehen. Dort hat das wärmeliebende Insekt zwischen stillgelegten Bahngleisen und im Schotter, der sich im Sommer stark erwärmt, eine Rückzugsfläche gefunden. Ab und zu gibt es Führungen, und mit etwas Glück kann man eines der bizarren Tiere sehen.
Zusammenleben mit dem Menschen
Die Zahl der Tiere in der Stadt ist groß, vielleicht auch, weil sie hier nicht gejagt werden. Zwar drohen ihnen auch hier Gefahren – Straßen sind für alle und Glasfassaden für Vögel oft lebensgefährlich -, aber sie haben sich arrangiert mit dem Menschen und wissen auch, dass in seinen Mülleimern so mancher Leckerbissen auf sie wartet. Vor allem der Waschbär ist ein echter Meister im Müll-Durcheinanderbringen und nächtlichem Lärmen.
Spannendes über Tiere in der Stadt
Das Buch befasst sich auch mit invasiven Arten, von der Nilgans über die Buchstaben-Schmuckschildkröte bis zum Afrikanischen Lampenputzergras. Und die Autoren geben in locker-humorvollem Stil viele Informationen über die einzelnen Tiere in der Stadt. Erschienen ist es bei Riva, es hat 256 Seiten mit vielen Fotos und kostet 19,99 Euro.