Der Haussperling bleibt der Sieger bei der Stunde der Wintervögel 2022. In Berlin wurde er am häufigsten gesehen. Fast 24.000 Tiere wurden gezählt – der Spatz tauchte in fast 70 Prozent aller Gärten auf. Und weil er so gesellig ist, war er meist nicht allein.
Haussperling-Bestand in Berlin ist stabil
„Der Sperlingsbestand“, so Ansgar Poloczek, Artenschutzreferent des NABU Berlin, „ist im Großen und Ganzen stabil.“ Das bestätigten auch andere Untersuchungen. Poloczek: „Wir freuen uns sehr darüber, weil wir in anderen deutschen Großstädten Rückgänge sehen.“ In Hamburg, Köln und München zum Beispiel ist der Spatz viel seltener, so der Experte.
Projekt „Artenschutz am Gebäude“
Ein Grund dafür könnte die hohe Zahl an Altbauten sein, denn der Haussperling zieht alte Gebäude den Neubauten vor. Das Problem: Energetische Sanierungen alter Gebäude führen oft dazu, dass diese Unterschlupf-Möglichkeiten verschwinden. Aus diesem Grund hat der Berliner Senat schon 2019 das Projekt „Artenschutz am Gebäude“ begründet. Hier werden Bauherren, Architekten, Handwerker und andere am Bau Beteiligte geschult und für den Schutz von Vögeln, die an Gebäuden brüten, sensibilisiert.
Vogelzahl in Berlin ist leicht gestiegen
Es sind Erkenntnisse wie die über den Haussperling, die Experten helfen, die Bestandsentwicklung bestimmter Vogelarten im Auge zu behalten. So wurde auch festgestellt, dass die Vogeldichte in Siedlungsräumen ungleichmäßig verteilt ist. Im bundesweiten Schnitt gibt es einen Trend nach unten. Bei der ersten Stunde der Wintervögel 2011 lag die Zahl der Vögel pro Beobachter bei fast 46, bei der jüngsten Zählung nur noch bei 35,5. In Berlin indessen sind die Zahlen stabil geblieben und diesmal sogar leicht gestiegen: auf 34,2 Vögel pro Garten.
Stadt als Refugium für viele Arten
Ansgar Poloczek: „Das zeigt, dass der Lebensraum Stadt ein wichtiges Refugium für viele Vogelarten ist. Diese Bedeutung und damit auch Verantwortung der Stadt für die Artenvielfalt dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.“
Erkenntnisse über Amsel und Blaumeise
Bei der Zählaktion haben wieder etwa 160.000 Menschen mitgemacht und fast vier Millionen Vögel gezählt. Ein paar Erkenntnissse: Der Grünfink, dessen Bestand in den vergangenen Jahren durch einen Erreger zurückgegangen war, hat wieder etwas zugelegt. Bei den Blaumeisen liegt die Zahl sogar über der von 2011. Auch diese Vogelart hatte Verluste erlitten – bei ihr war es ein Bakterium. Und auch die Amsel, deren Bestand durch das Usutu-Virus zurückgegangen war, war wieder etwas häufiger zu sehen.
Mehr Waldbewohner in der Stadt
Gute Nachrichten gibt es auch von Eichelhäher, Buntspecht und Kernbeißer. Die leben normalerweise eher in Wäldern, tauchte diesmal aber häufiger in Gärten auf. Das könnte an Wetterumschwüngen liegen, aber auch an einer geringeren Menge von Baumsamen. In den Gärten ist die Auswahl dank vieler Futterstellen besser.
Wintergäste wurden seltener gezählt
Weniger beobachtet wurden indessen Wintergäste wie Schwanzmeise, Wacholderdrossel, Erlenzeisig und Seidenschwanz. Wahrscheinlich sorgten milde Winter in den Brutgebieten dieser Vogelarten dafür, dass sie nicht mehr weit in Richtung Süden fliegen.
Die Spitzenreiter deutschlandweit
Haussperling, Kohlmeise und Blaumeise stehen in den Top 3, gefolgt von Amsel, Feldsperling, Elster, Buchfink, Grünfink, Ringeltaube und Rotkehlchen.
Rangliste in Brandenburg
Auch hier liegt der Haussperling vorne, hinter ihm folgen Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise, Amsel, Elster, Grünfink, Ringeltaube, Nebelkrähe und Buchfink.
Rangliste in Berlin
Der Haussperling, die Kohlmeise und die Nebelkrähe belegen die ersten drei Plätze. Dahinter landen Blaumeise, Ringeltaube, Amsel, Star, Elster, Feldsperling und Straßentaube.
Der Haussperling hatte es lange schwer
Der Haussperling (Passer domesticus), der ein typischer Kulturfolger ist und die Nähe des Menschen sogar sucht, ist so pfiffig, dass er in einer großen Stadt sehr gut überleben kann. Fast jeder hat schon mal erlebt, dass im Sommer ein Spatz auf dem Esstisch landete und sich ein paar Krümelchen stibitzt hat.
Dabei hatte er lange keinen guten Ruf. Im 19. Jahrhundert gab es sogar eine Spatzensteuer: Weil er als Schmarotzer galt, der den Bauern das Saatgut wegfrisst, mussten die Menschen an vielen Orten bestimmte Mengen von Spatzenköpfen abliefern. Taten sie es nicht, mussten sie eine Steuer zahlen.
Von wegen „Dreckspatz“
Auch Begriffe wie „Dreckspatz“ für ein Kind, das sich schmutzig macht, werfen kein gutes Licht auf den Haussperling. Ganz zu Unrecht, denn der Vogel nimmt gerne Sandbäder, um sein Gefieder zu pflegen und sich von Parasiten zu befreien – er ist also sehr reinlich.
Pfiffig und sehr flexibel
Und er wäre wohl deutlich seltener, wenn er nicht so schlau und flexibel wäre. Er nistet an Gebäuden, in Baumhöhlen, Büschen oder Nistkästen – je nachdem, was er findet. Auch in Sachen Nahrung weiß er sich zu helfen. Am liebsten frisst er Samen und Körner. Wenn er Nachwuchs hat, stehen auch mal Insekten auf dem Speiseplan. Aber er verschmäht auch Haushaltsabfälle und Brotkrümel nicht. Oder er pirscht sich an Leckereien heran, die Cafébesucher gerade auf dem Teller haben.
Gefahr durch Abdichten von Fassaden
Doch obwohl der Haussperling ziemlich robust ist, leidet auch er unter den Aktivitäten des Menschen: Flächenversiegelung, das ständige Mähen von Wiesen und das Verschwinden von Nistmöglichkeiten, etwa durch das Abdichten von Fassaden, machen Berlins „Nationalvogel“ zu schaffen.
Hilfe für den Haussperling
Wenn Sie dem Haussperling helfen möchten, können Sie ihm in Ihrem Garten Nistplätze einrichten. Auch mit dem Schaffen von Sandbädern (etwa indem Sie einen großen Topf-Untersetzer mit feinem Quarzsand füllen und an einen sonnigen und vor Katzen geschützten Ort stellen) oder dem Anpflanzen von samen- und körnerreichen Gewächsen können Sie etwas für ihn tun. Natürlich freut er sich im Winter auch über ein gut gefülltes Futterhaus. Auf der Seite des Nabu finden Sie Anleitungen für Futterhäuschen und Hinweise darüber, welcher Vogel welche kulinarischen Vorlieben hat.
Die Ergebnisse der Stunde der Wintervögel 2022
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